
Rupperswil: Das Altersheim Länzerthus gibt ein Kochbuch heraus
Sie sind stolz: Andrea Tanner, Fotografin, Philipp Bürge, Grafiker/Illustrator, Patrizia Steinacher, Geschäftsführerin Länzerthus, Daniel Fuhrer, Leiter Sponsoring & Events AKB.
Aus Corona-Öde entstand kulinarisches Vermächtnis: Altersheim Länzerthus gibt Kochbuch heraus – mit Rezepten der Bewohnenden
Das Rupperswiler Alters- und Pflegeheim Länzerthus hat 25 Rezepte seiner Bewohnerinnen und Bewohner gesammelt und zu einem Buch zusammengefasst. Ohne die Aargauische Kantonalbank wäre das Projekt nicht zu Stande gekommen. Auch eine Art, mit dem Corona-Lockdown umzugehen: Das Rupperswiler Alters- und Pflegeheim Länzerthus wollte die Zeit, als seine Bewohnerinnen und Bewohner aus Pandemiegründen das Haus nicht verlassen durften, für etwas Kreatives nutzen. Die Bewohnenden hätten unter den entweder massiv erschwerten oder teilweise auch unmöglichen Besuchsbedingungen sehr gelitten, da sie so ihre Liebsten nicht mehr sehen konnten, erklärt die Geschäftsführerin des Heims, Patrizia Steinacher. In dieser Zeit hätten sie vermehrt aus der Vergangenheit erzählt, aus den alten Zeiten, und ausserdem von ihren Kochkünsten. So sei schliesslich die Idee aufgekommen: Ein Kochbuch verfassen, gefüllt mit Rezepten, welche die Bewohnenden selber beigesteuert haben.
Die Idee stiess auf grosse Begeisterung, wie Steinacher erzählt: «Einige Bewohnerinnen haben gleich ein niedergeschriebenes Rezept eingereicht, während andere Rezepte eher mündlich überliefert wurden.» In Erzählungen, welche die Angestellten aus der Aktivierung aufgeschrieben und der Projektleitung weitergeleitet haben. Diese bestand aus Steinacher selber und dem Leiter der Abteilung Verpflegung, Thomas Brunner.
Danach gingen die Rezepte an den Küchenchef, der die Rezepte auf vier Personen rezeptiert und schliesslich mit seinem Team auch nachgekocht hat. So konnte Andrea Tanner, eigentlich Babyfotografin, die fertigen Gerichte fotografieren; die Bilder wurden danach vom renommierten Grafiker und Animationsfilmschaffenden Philipp Bürge mit den Rezepten zu einem Buch zusammengesetzt und mit handgezeichneten Illustrationen ergänzt. Steinacher wies darauf hin, dass die beiden grosszügigerweise deutlich unterhalb der Tarife gearbeitet hätten, die Fotografinnen und Grafiker in der Regel verlangen würden.
Weiter wurden auch alle 25 Bewohnerinnen und Bewohner fotografiert, die ein Rezept beigesteuert haben, damit ihr Porträt neben dem Rezept zu sehen ist. Darüber hätten sich diese wohl fast am meisten gefreut, so Steinacher: «Eine Frau beispielsweise war gesundheitlich angeschlagen und bettlägerig – als sie fotografiert wurde, kam sie aus dem Strahlen fast nicht mehr heraus.»
Ohne die AKB gäbe es das Buch nicht
Am gestrigen Freitag wurde das Buch nun veröffentlicht. Auch anwesend war Daniel Fuhrer, Leiter Sponsoring & Events der Aargauischen Kantonalbank, die das Projekt mit einem Beitrag von 10’000 Franken unterstützt hat. Auch Fuhrer war begeistert: «Ich freue mich, dass das Kochbuch so schön geworden ist.»
Der Beitrag der AKB stammt aus der ebenfalls gestern gegründeten Stiftung Lebensraum Aargau, beworben hat sich das Länzerthus allerdings noch beim Vorgänger AKB Impuls. Fuhrer: «Der Beitrag für einen allfälligen zweiten Band kommt dann von der Stiftung Lebensraum Aargau.» Der wäre wohl auch wieder nötig, wie Steinacher ergänzt: «Ich war positiv überrascht, wie schnell die AKB zugesagt hat – ohne diesen Beitrag hätten wir das Buch nicht realisieren können.»
Auch bei den Bewohnenden stiess das Buch auf grossen Anklang, auch wenn einige in der Zwischenzeit – das ganze Projekt hat 1,5 Jahre gedauert – bereits wieder vergessen haben, dass sie mitgemacht haben. Sie erinnerten sich, als sie als Erste ihr eigenes Exemplar in den Fingern hielten und sich selber neben ihrem Rezept abgedruckt wiederfanden, einige machten grosse Augen.
So zum Beispiel auch Margrit Brack. Sie kommt ursprünglich aus dem Bündner Prättigau, genauer aus Valzeina; das Dorf habe vor ein paar Jahren mit einem Asylzentrum nationale Schlagzeilen gemacht, wie sie geradeaus erzählt. Folglich hat sie als Rezept ein Bündner Kartoffel-Maluns eingereicht, ein Gericht, das sie an ihre Kindheit erinnert: «Maluns gab es in meiner Kindheit oft als Frühstück. Wir mussten tagsüber oft unterwegs und draussen essen, gerade im Sommer beim Heuen, da musste die erste Mahlzeit des Tages lange sättigen.» Maluns mit Zwetschgen- oder manchmal auch mit Apfelkompott, aber gerade Letzteres musste man sich hart verdienen, laut Brack: «Auf über 1200 Meter wachsen keine Äpfel, die mussten wir damals aus dem Dorf nach Hause tragen.»
Zwei der 25 Bewohnenden sind laut Patrizia Steinacher in der Zwischenzeit leider verstorben. In diesen Fällen erhielten die Hinterbliebenen das Buch zugestellt, eine schöne Erinnerung. Deshalb war Steinacher auch die Qualität des Buchs wichtig: «Wir haben uns bewusst gegen ein Kochheftchen entschieden, wollten ein schönes und vollwertiges Buch schaffen, das sich auch sehen lassen kann.»
Das Buch gibt es für 25 Franken zu kaufen, im Restaurant oder am Empfang im Länzerthus.

