Ernst Borer wohnt im Alterszentrum Weiherweg in Basel, ist 91 Jahre alt und bleibt trotz Coronavirus gelassen. Foto: Kostas Maros
Erlebtes

In der Risikogruppe

«Ich bin selbst 72 Jahre alt, ich bin in kultureller Hinsicht mit vielen älteren und alten Menschen in Kontakt. Wir vernehmen zurzeit vor allem, was wir Menschen über 65 alles nicht mehr dürfen und sollten – eigentlich wird uns alles verboten. Die älteren Menschen fühlen sich bedroht von Isolation und absoluter Ereignislosigkeit. Sie fürchten sich vor zusätzlichen Depressionen.» Ein Leser hat uns das geschrieben. Er hat eben eine Kunst- und Kulturreise mit älteren Menschen absagen müssen, über Monate hatte er sie vorbereitet. Das Coronavirus gefährdet eben nicht nur die Gesundheit der älteren Mitmenschen – es verändert ihr Leben. Im Tessin sind Menschen ab 65 Jahren seit dieser Woche angehalten, nicht mehr nach draussen zu gehen, keine Enkelkinder mehr zu hüten, den öffentlichen Verkehr nicht mehr zu nutzen. Soziale Isolation.

Wenn andere Kantone nachziehen, kann das einen beträchtlichen Teil der Schweizer betreffen. Rund 1,5 Millionen Menschen sind hierzulande älter als 65 Jahre. 1,5 Millionen Mal Risikogruppe.

Zum Beispiel: Ernst Borer, 91 Jahre alt, seit einem Jahrzehnt Bewohner des Alterszentrums Weiherweg in Basel. Borer ist gelernter Schreiner, er hatte während seines Berufslebens 21 verschiedene Stellen, wie er mit einem Lächeln erzählt. Heute malt er gerne Bilder, die im Foyer des Heims ausgestellt sind, und spielt Schach, leidenschaftlich. Irgendwann, er kann sich nicht mehr genau an das Jahr erinnern, wurde er Schweizer Meister der Kategorie C.

«Jeder muss mal gehen»

Ernst Borer informiert sich regelmässig über die aktuelle Situation. Er hört Radio, schaut die Nachrichten, liest die Zeitung. Angst hat er keine. «Jeder Mensch muss einmal gehen. Mein Glauben ist stark, ich mache mir keine Sorgen.» Das Virus sei ein grosses Gesprächsthema unter den Bewohnerinnen und Bewohnern des Altersheims, man achte auf regelmässiges Händewaschen, befolge die Anweisungen. Noch seien die meisten guter Laune. Das Haus ist offen, Ausflüge sind möglich, Besucher können empfangen werden. Regelmässig geht Ernst Borer in die Clarakirche zur Messe, seine drei Kinder besuchen ihn oft.

Wie lange das noch möglich ist: ungewiss. Für Alters- und Pflegeheime ist die Situation besonders heikel. Hier im Weiherweg in Basel mit seinen 85 Plätzen passt man das Regime Tag für Tag an. Kontakte mit der Aussenwelt sind auf ein Minimum reduziert, das halböffentliche Hallenbad und das Restaurant sind längst geschlossen. Besucher kommen erst nach einem Gesundheitscheck ins Haus. Die Angehörigen der Bewohner würden sich sehr solidarisch verhalten, sagt Stefan Billen, der Leiter des Alterszentrums. «Sie haben grosses Verständnis für unsere Massnahmen.»

Hier können Sie den ganzen Originaltext lesen auf der Seite von www.tagesanzeiger.ch

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