
Den Pflegeheimen fehlt spezialisierte Hilfe zur Betreuung der Sterbenden
Heute sind die Menschen beim Eintritt ins Pflegeheim kränker als noch vor wenigen Jahren.
Für die 75-jährige Krebspatientin ist klar: Sie will keine Chemotherapien und auch sonst keine Behandlungen mehr. Aber sie möchte nicht leiden müssen, und sie möchte in einem Alters- und Pflegeheim betreut werden. Dank dem mobilen Palliative-Care-Team des Spitals Wetzikon lässt sich ihr Wunsch erfüllen. Nach einem Sturz – möglicherweise wegen Ablegern im Hirn – verschlechtert sich der Zustand der Frau rapide. Im Gespräch mit den Spezialisten bekräftigt sie ihre Haltung: Sie möchte das gebrochene Bein nicht operieren lassen. Die Frau erhält starke schmerzmildernde Medikamente und liegt fast nur noch schlafend im Bett. Bald wird sie sterben.
Normalerweise wäre die Frau hospitalisiert worden. Vielleicht wäre sie ein paar Tage später wegen Komplikationen nach der Operation ebenfalls sediert worden, sagt Andreas Weber, ärztlicher Leiter Palliative Care am Spital Wetzikon. Wie sie würden jedoch die meisten Menschen viel lieber in der vertrauten Umgebung bleiben und dort sterben. Nach zögerlichen Anfängen ist dies heute im häuslichen Umfeld weitgehend möglich: 90 Prozent aller Gemeinden im Kanton Zürich finanzieren mittlerweile mobile Equipen, die in den eigenen vier Wänden eine palliative Betreuung wenn nötig rund um die Uhr unterstützen.
Auch in der Langzeitpflege sind laut Weber solche Hilfestellungen angezeigt: Heute sterben gegen 40 Prozent der Menschen in einem Pflegeheim, bei über 20 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner treten am Lebensende schwer kontrollierbare Schmerzen und andere Leiden auf. «Es sind nicht nur physische, sondern auch psychische und spirituelle Leiden, für deren Behandlung Spezialisten notwendig sind», hält Weber fest.
In den meisten Zürcher Alters- und Pflegeheimen stehen Palliative-Care-Spezialisten mit entsprechenden Techniken und Medikamenten nicht rund um die Uhr zur Verfügung, um in schwierigen Situationen Hilfe zu leisten. Weber schlägt nun vor, die ambulanten Equipen, die bereits im häuslichen Bereich kantonsweit Unterstützung anbieten, bei Bedarf auch allen Heimen zur Seite zu stellen.
Den Anfang hat er im Zürcher Oberland gemacht. Mit den Gemeinden Gossau, Bäretswil, Pfäffikon, Rapperswil und Wald schloss das Team des Spitals Wetzikon Verträge ab, welche die Vergütung bei Einsätzen in Pflegeheimen einschliessen. Der Unterschied zur ambulanten Palliativpflege ist, dass sich die Krankenkassen an den Kosten der spezialisierten Pflege im Heim nicht beteiligen und die Gemeinden die gesamten Kosten von 230 Franken pro Stunde übernehmen müssen.
Jörg Kündig, Gemeindepräsident von Gossau, ist trotzdem des Lobes voll: «Es ist der einzig richtige Weg, auch in den Heimen die aufsuchende palliative Unterstützung sicherzustellen. Natürlich ist es stossend, dass sich der Kanton nicht beteiligt. Wir können aber nicht auf eine Lösung warten», sagt er. Die jährlich 15 000 bis 20 000 Franken zulasten der Gemeindekasse seien verkraftbar. Auch der von ihm präsidierte Verband der Zürcher Gemeindepräsidenten befürworte Leistungsvereinbarungen mit Heimen, hält Kündig fest.
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