Wir haben nichts zu verbergen?
Klar, wir sind alle noch rüstig und fit und geben uns Mühe, in der digitalen Welt (was für ein «schönes» Wort) zurecht zu kommen und mitzuhalten. Zum Glück haben wir ja unsere Kinder und Enkelkinder, die uns zeigen, wie es geht, wenn wir einmal selber nicht mehr mitkommen. So sind wir natürlich auch auf den «Sozialen Medien» wie Facebook, WhatsApp aktiv – auf Instagram natürlich nicht, das ist mehr für Junge und etwas kompliziert – und tauschen uns rege aus. Wir versenden Fotos, liken (auch das ist ein «schönes» Wort) Beiträge und leiten lustige und herzige Beiträge an möglichst viele unserer Bekannten weiter. Ja schliesslich sollen sie auch wissen, wie unser Enkelkind gerade aussieht und was beim Arosa-Humorfestival so alles läuft.
Aber da gibt es immer so komische Typen, die vom Datenschutz reden und uns das Chatten (wieder so ein «schönes» Wort) verbieten wollen. Auch die Zeitungen und andere Medien berichten ständig und immer wieder über Datenklau und schreiben negativ über unser Facebook und unser WhatsApp und wollen uns so die Freude vermiesen.
Uns ist das natürlich Wurst, weil, wir haben ja nichts zu verbergen! Und überhaupt, Mark Zuckerberg versteht ja ohnehin weder Bärn- noch Züritüütsch und schon gar keinen Walliser oder Appenzeller. Na also, was soll denn das ganze Geschrei?
Angenommen, wir sitzen mit einem Bekannten in einer Beiz und unterhalten uns. Sofort kommt der Kellner und fragt uns nach unserer Telefonnummer und worüber wir gerade sprechen. Beiläufig erwähnt er auch, dass er unser Enkelkind und unsere Schwester kennt. Würden wir ihm die Telefonnummer geben und ihm sagen: «wir diskutieren gerade über unsere Kniebeschwerden»?
Wenn wir das Internet mit Gratis-Apps (ist das nicht auch ein «schönes» Wort?) nutzen, geben wir freiwillig unsere Privatsphäre gegenüber kostenlosen Online-Diensten preis und argumentieren eben, «ich habe nichts zu verbergen». Betrachtet man dies etwas näher, ist dieser Standpunkt nicht haltbar. Viele Menschen haben «nichts zu verbergen», aber etwas grundlegend anderes ist es, seine Privatsphäre aufzugeben.
Wenn wir dem Kellner keine Auskunft geben, heisst das nicht, dass wir etwas zu verbergen haben, sondern dass wir die uns zustehende Privatsphäre wahren wollen. Auch wenn wir über etwas Alltägliches berichten, muss es der Kellner nicht wissen, weil es ihn nichts angeht. Und wer weiss den, was der Kellner mit unseren Informationen anstellen könnte?
Wenn wir im Alltag nicht gegenüber Unbekannten persönliche Informationen offenlegen, sollten wir das erst recht nicht gegenüber Online-Diensten tun. Durch die verschiedene Datenquellen können die sich leicht ein detailliertes Bild von uns zeichnen, das womöglich weit mehr über uns preisgibt, als uns lieb ist!
Aus dem Threema-Blog adaptiert. Den Originaltext finden Sie hier.

